Chronik der Stadt
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Wann der Ort Neuerburg entstanden ist, ist nicht sicher aufzuklären. Der Ortsname ist aber mutmaßlich vom Namen der Burg entnommen, so daß man annehmen kann, daß bereits sehr bald nach dem Bestehen der Burg auch das Tal zu deren Fuße besiedelt wurde.
Die erste sichere Nachricht von der Burg Neuerburg besitzen wir in einer Urkunde des Jahres 1132, nach welcher ein Theoderich von Neuerburg als Zeuge mit dem Grafen von Vianden und anderen Herren bei einem Schenkungsakt gegenwärtig ist und mit unterzeichnet, als eine gewisse Fredesunde der Kirche in Prüm Rechte und Güter aus dem Dorfe Stockem zuwendete. Gesichert ist auch, daß die ersten Herren von Neuerburg aus dem Geschlecht der Viandener Grafen hervorgegangen sind, da die Herrschaft Neuerburg stets unter der Lehnshoheit der Grafschaft Vianden stand. Mit Vianden stand auch Neuerburg seit Beginn der Herrschaft unter der Oberlehnshoheit der Grafen und späteren Herzöge von Luxemburg.
Eine fortlaufende Kette dieses ersten Neuerburger Herrengeschlechtes taucht um 1200 auf und ist in drei Generationen für ca. 100 Jahre Träger der Herrschaft, die 35 Ortschaften in dem Gebiet von Pronsfeld im Norden und Oberweis im Südosten umfaßt. Alle drei Herren tragen den Namen Friedrich und führen als Wappen ein kleines Schild in einem größeren Schilde, wie es auch die alten Viandener Grafen hatten. Durch Erbgang geht zu einem nicht mehr feststellbaren Datum nach 1300 die Herrschaft auf Friedrich von Brandenburg (Luxemburg) über.
Das nächste wichtige Datum für Neuerburg ist das Jahr 1332, in welchem der besagte Friedrich von Brandenburg und Neuerburg auf Anregung von König Johann von Böhmen, Graf von Luxemburg, dem Burgflecken "zu Neuerburg" die Stadtrechte verlieh, welche denen der Städte Vianden und Trier entsprachen.
Der Inhalt dieses Freiheitsbriefes lautete: "Wir, Friedrich von Neuerburg, wollen denen, welchen gegenwärtiger Brief zukommen wird, bekannt gemacht wissen, daß wir und unsere Vorfahren, die Herren von Neuerburg, die Einwohner der Stadt Neuerburg nach dem nämlichen Rechte und mit derselben Freiheit besessen und gehalten haben, wie das Recht und die Freiheit der Stadt Vianden sich verhält, auf solche Weise, daß, wenn die zeitlichen Herren von Neuerburg selbst oder ihre Kinder eine Ehe eingehen würden, oder wenn sie Ritter würden, oder bei Verteidigung ihres Rechts in Gefangenschaft gerieten, alsdann in allen Fällen die vorgenannten Einwohner gehalten sind, ihrem Herren beizustehen und Hilfe zu leisten, die mit Mäßigung und Wohlwollen aufgenommen werden soll. Ferner, wenn es sich ereignen sollte, daß der Herr von Neuerburg gegen etliche Krieg haben sollte, als dann sind die vorgenannten Einwohner schuldig, ihrem Herrn zu helfen und demselben auf ihre Kosten einen Tag zu folgen, nämlich so, daß sie mit dem Tage ausziehen und bei Sonnenschein eben desselben Tages nach Hause zurückkehren. Und durch dieses Vorgesagte waren und sind die Einwohner frei und daß sie dem Herrn zu einem anderen Rechte nicht verpflichtet sind und haben wir unter Beifügung unseres Siegels an Gegenwärtiges kund zu tun. Gegeben im Jahre des Herrn 1332, Donnerstag nach dem Fest des Hl. Lucas, des Evangelisten."
Als Stadtsiegel wählte man den zweigeteilten Schild: In der linken Hälfte befindet sich das Wappen des Verleihers der Stadtfreiheit, ein silberner Schild auf silbernem Grund und Schwarzem Gatter, der von einem schwarzen Balken diagonal gekreuzt wird; auf der rechten Seite ist das Zeichen der freien Stadt, ein roter Turm auf silbernem Grund zu sehen.
Die Stadt wurde dann auch alsbald von einer Mauer umfaßt, die mit 16 Türmen bewehrt war. Sie umfaßte jedoch nur einen kleinen Teil, verglichen mit der heutigen räumlichen Ausdehnung des Ortes. Wenn man vom "Beilsturm" aus gegen Westen auf die Stadt schaut, hat man einen guten Überblick über den Bereich, der zur mittelalterlichen Ansiedlung gehörte.
Nach Friedrich von Brandenburg kam die Herrschaft Neuerburg durch Heirat nacheinander an die Häuser Kronenburg, Rodemacher, Virneburg und Manderscheid, welches Burg und Herrschaft Neuerburg über den längsten Zeitraum in ihrem Besitz hielten, nämlich von 1487 bis 1618 als alleinige Herren. Danach erfolgte laut Dechant Zimmer zwar eine Aufspaltung der Herrschaft, wobei die Manderscheider aber stets eine Hälfte in ihrem Besitz hatten, und zwar bis 1687. Im Jahre 1689 wurde die Burg dann von französischen Truppen beschossen, und im Jahre 1692 schließlich wurden die Festungsanlagen gesprengt.
Im Jahre 1794 machten die Franzosen der Herrschaft Neuerburg ein Ende. Das Schloss, so weit es Eigentum der Grafen von Manderscheid war, wurde von ihnen für 1000 frs. versteigert und kam in den Besitz der Familie Honoré, welche den anderen Teil besaß. Sie verkauften das Inventar und Steine, wobei der Abbruch gegen Entgeld besonders nach den Großbränden in der Stadt von 1816 und 1818 gefördert wurde. Später erwarb das Hospital in Neuerburg die Burg, wodurch sie gleichsam in die Hände der Stadt Neuerburg kam.
Neuerburg hatte für den Bereich der mittelalterlichen Herrschaft eine zentrale Stelle eingenommen, mußten doch alle Lieferungen an Zehnten von den Untertanen hier abgeliefert werden. Die Stadt lag damals verkehrsmäßig aber noch ungünstiger, da die beiden Hauptzufahrten nur über die Weiherstraße nach Scheuern und Krautscheid und zum anderen über den steilen Kreuzberg in Richtung Sinspelt führten. Dazu kam noch ein Weg durch die Braubachstraße, der in Richtung Burg weiter nach Koxhausen und Vianden führte. Die beiden Talstraßen nach Norden und Süden wurden erst vor 130 Jahren gebaut.
Die Stadt war zudem der Sitz eines Hoch-, Mittel- und Grundgerichtes, wobei der Galgen auf der Gemarkung "Heer" stand. Todesurteile mußten allerdings vor der Vollstreckung in Luxemburg bestätigt werden. Schon von früher Zeit an war Neuerburg auch Sitz des Handwerks und des Gewerbes. Um sich gegen Konkurrenten zu sichern, aber auch um ein genügendes Einkommen sicherzustellen, schlossen sich die Handwerker zu Zünften oder Bruderschaften zusammen. Mit einigen Änderungen in der Bezeichnung finden wir vier Hauptzünfte ab 1421 in der Stadt:
Die Zunft der Hämmerer oder Eligiusbruderschaft genannt. Zu ihr gehörten die Berufe, die mit dem Hammer arbeiteten wie Goldschmiede, Schlosser Schreiner, Maurer und Zimmerleute. Ihre Gottesdienste fanden in der Eligiuskapelle statt, die Mitglieder wurden "Loyenbrüder" genannt, wie auch im Volksmund die Kirche den Namen "Loukierch" hatte, eine Ableitung von der französischen Form des Namens Eligius.
Die Zunft der Wollweber oder Katharinenbruderschaft, die wohl später mächtigste Zunft der Stadt. Ihr Altar war der Katharinenaltar auf der linken Seite in der Pfarrkirche, wo ja auch noch ein Gewölbestein an dieser Stelle die hl. Katharina mit dem Rad zeigt.
Die Zunft der Schneider und Krämer oder Heiligkreuzbruderschaft genannt.
Die Schuhmacherzunft, die keinen anderen Namen führte, die aber früher einmal Teil der Eligiusbuderschaft war.
Diese Zünfte stellen über Jahrhunderte hinweg einen großen Machtfaktor in der Stadt dar, ohne deren Zustimmung nicht viel entschieden wurde und die sogar in der Lage waren, durch Darlehen an die Herrschaft in den Genuß von Zehnten einzelner Dörfer zu gelangen.
Die Erweiterung des Marktrechtes im Jahre 1576 auf einen wöchentlichen Markt durch Graf Joachim von Manderscheid erbrachte eine weitere Belebung der Wirtschaftskraft der Gemeinde. Hier muß allerdings angeführt werden, daß die ständige Abwesenheit der Herrschaft und die Verwaltung durch adlige Amtmänner nicht das wirtschaftliche Leben brachten, wie dies in anderen Burgorten war.
Dies wird deutlich an der Tatsache, daß die Stadt in der kurzen Amtszeit des oben erwähnten Grafen Joachim von 1566-82 einen deutlichen Aufschwung erlebte, da dieser in seiner Eigenschaft als Vizegouverneur des Hergzogtums Luxemburg seinen ständigen Wohnsitz auf der Neuerburg hatte. Die Schloßpapiere weisen aus, daß in diesen Jahren ein ständiges Kommen und Gehen von großen auswärtigen Delegationen nach Neuerburg stattfand, wozu auch riesige Lieferungen an Lebensmitteln und Getränken nach Neuerburg gebracht wurden.
Nach Joachims frühen Tod auf der Neuerburg fängt ein schweres Jahrhundert für die Stadt und Herrschaft an.
Einmal brach ein Erbstreit um die Burg aus, da Joachims Witwe sich zum evangelischen Glauben bekannte und auch ihre Kinder in der neuen Lehre erziehen ließ. Der König von Spanien zog daher als Herzog von Luxemburg die Herrschaft ein und gab sie erst dann den Töchtern Joachims zurück, als sich diese katholische Ehemänner ewählt hatten.
Zum anderen wird das Neuerburger Land von 1588 bis 1694 in schöner Regelmäßigkeit von Truppen heimgesucht. Dabei war es gleichgültig, ob es sich um die eigenen Truppen aus den spanischen Niederlanden oder um feindliche Kräfte handelte, die um Einquartierung nachsuchten. Da damals "der Krieg den Krieg ernähren mußte", d. h. der heimgesuchte Landstrich mußte jeweils die anwesende Soldateska mit Nahrung und Geld versorgen, waren die armen Bewohner immer wieder gezwungen, Quartier zu stellen, Lebensmittel und Brennholz zu liefern und ständig Geld zu zahlen.
Nach dem Niederländischen Freiheitskrieg brachte der Dreißigjährige Krieg außer erneuten Einquartierungen auch im Jahre 1636 zum zweiten Male die Pest nach Neuerburg. Wegen der großen Ansteckungsgefahr wurde in der Walerbach ein Friedhof für die Pesttoten nebst Kapelle errichtet.
In diese Zeit fällt auch die Verfolgung der Hexen im Neuerburger Land, wobei Neuerburg zu trauriger Berühmtheit gelangte, wurden doch allein hier 57 Menschen der Hexerei bezichtigt, und viele von ihnen fanden nach vorheriger grausamer Folter den Tod.
Ab 1714 wurde die Herrschaft mit dem Herzogtum Luxemburg den österreichischen Habsburgern zugesprochen und war Teil der österreichischen Niederlande mit der Hauptstadt Brüssel. Die Zeit der Österreicher brachte unserer Region fast 100 Jahre lang Frieden und wachsenden Wohlstand. In der Stadt blühten das Woll- und Leinenwebergewerbe, das mehreren hundert Personen ein Auskommen bot. Im Bereich der heutigen Weiherstraße, der Braubach- und den Bungertstraßen auf dem heutigen Marktplatz gab es über 100 Webstühle.
Wie bereits weiter oben geschildert, wurde Neuerburg 1794 von französischen Revolutionstruppen besetzt und die Herrschaft Neuerburg sowie das Herzogtum Luxemburg aufgelöst. Nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zur Erzdiözese Trier wurde Neuerburg nun kirchlich dem Bistum Metz bis 1815 zugeschlagen.
Die Loslösung von Frankreich auf dem Wiener Kongreß brachte unsere Stadt an das Großherzogtum Niederrhein, der späteren Rheinprovinz der preußischen Monarchie. Gravierend war diese Zuordnung an Preußen in zweifacher Hinsicht: Einmal wurde nach Jahrhunderten die Our neue Grenze nach Luxemburg und zerstörte die gewachsenen Handelsbeziehungen in das nunmehrige Zollausland. Der schlimmere Einschnitt für die Stadt war aber der Niedergang der Tuchindustrie, die der maschinellen Fertigung der Tuchmetropolen nicht mehr gewachsen war. Auch fehlte den Neuerburgern die Beziehungen zu den preußischen Garnisonen, die als Hauptabnehmer in Frage kamen.
Zwei Brandkatastrophen 1816 und 1818 vernichteten neben 133 Wohnungen auch rund 2/3 aller Webstühle der Stadt (64 Stück). Außer der Kirche und einigen Häusern der Oberstraße war vom damaligen Stadtkern nicht mehr viel übrig geblieben. Mit Hilfe der Regierung, die eine Kollekte für die Abgebrannten von Neuerburg durchführen ließ, wurden die Häuser wieder aufgebaut, der Glockenturm folgte 1829 in der heutigen Form. Auf dem heutigen Marktplatz verschwanden die drei Bungertstraßen, dafür wurde der Strohsack neues Baugebiet. Heute trägt diese Straße den Namen "Gärtnerstraße", weil der damalige Regierungs-Vicepräsident Freiherr v. Gärtner sich sehr für die Kollekte eingesetzt hat, und die Straße zum Dank nach seinem Namen umbenannt wurde. Das Baumaterial wurde, wie bereits erwähnt, aus den Überresten des Bollwerks der Burg und den Stadtmauern gewonnen. Hierbei wurde auch die ehemalige Schloßkapelle vernichtet.
Alle Anstrengungen, den alten Wohlstand wiederzugewinnen, schlugen fehl. Die Weberei war nicht mehr konkurrenzfähig, da half auch die Errichtung einer Walkmühle nichts mehr, die die Tuche gleichmäßiger spannen sollte. Zwar stieg die Einwohnerzahl fast auf 1900, eine Zahl, die die Stadt nie mehr erreichte, in gleichem Maße stieg aber auch die Armut der Bewohner. Weit über 100 Personen wanderten nach Amerika aus und eine weit größere Zahl wanderte in die deutschen Industriegebiete ab. Um 1900 hatte Neuerburg nur noch knapp 1300 Einwohner. Als Ernährungsgrundlage boten die schnell wachsenden 5 Gerbereien keine ausreichende Arbeit für alle.
Erst der Bau der Eisenbahnlinie nach Neuerburg im Jahre 1907 weckte das Städchen etwas aus dem "Dornröschenschlaf". Man betrieb seit der Jahrhundertwende die erste Werbung für den Fremdenverkehr, der auch dank der überregionalen Bemühungen des Eifelvereins erste Knospen trieb. Der Hauptzweck des Eisenbahnbaues zeigte sich aber beim Ausbruch des 1. Weltkrieges, als sich herausstellte, daß man tatsächlich mit einer Nebenbahn in kurzer Zeit viele Truppen an die Westgrenze verschieben konnte. Neuerburg war damals Aufmarschort deutscher Truppen auf dem Wege nach Luxemburg und Frankreich. Die Not war in dem kleinen Eifelstädtchen während des Krieges groß und hielt, wie im übrigen Deutschland, auch in den Nachkriegsjahren an.
Der Erwerb der Burg durch den Jugendbund Neudeutschland brachte ab 1927 Scharen großstädtischer Jugend nach Neuerburg. In der Zeit des Nationalsozialismus rückte unsere Gegend für die Zeit des Westwallbaues etwas in den Blickpunkt. Erstmals seit langer Zeit gab es Arbeit für alle, wenn auch für einen denkbar schlechten Zweck. Als kurz darauf der 2. Weltkrieg ausbrach, wurde Neuerburg erneut Aufmarschstation für die deutschen Truppen. Ein furchtbarer Bombenangriff legte schließlich am 23.12.1944 die Innenstadt in Schutt und Asche. Die Stadt galt als zu 40 % kriegszerstört, wobei 33 Häuser total zerstört, die meisten aber stark beschädigt waren. Bei diesem Angriff verloren 80 Soldaten und 40 Neuerburger ihr Leben.
Nach dem Krieg begann langsam der Wiederaufbau, der aber erst nach der Währungsreform so richtig in Schwung kam. Jetzt profitierte die Gegend auch einmal von der Grenznähe, da man auf der Schmuggelbasis einiges von dem erwerben konnte, was sonst unerschwinglich gewesen wäre. In der Stadt kamen mit der Ansiedlung einer Handschuhfabrik zahlreiche Heimatvertriebene, die aber mit der Zeit meist in wirtschaftlich stärkere Regionen abwanderten. In den folgenden Jahren gab es weiterhin eine Fabrik, in der Lederwaren hergestellt wurden und eine Werkzeugfabrik, die bis heute noch hier produziert.
Neuerburg hat sich aber nach 1945 stärker zur Schul- und Behördenstadt gewandelt. In der Stadt gibt es heute eine Grund- und Realschule plus und ein Gymnasium mit Internat. Bis vor wenigen Jahren gab es aber auch noch eine Landwirtschaftsschule und eine Sonderschule am Ort. Die Stadt ist Sitz der Verbandsgemeinde Südeifel. Es gibt außerdem ein Forstamt, eine Poststelle und ein Gesundheitszentrum. Weiterhin verfügt die Stadt auch auf dem Fremdenverkehrssektor über erhebliches Potenzial. Es gibt vor Ort Hotels, Gaststätten, Café und zahlreiche private Pensionen und nicht zuletzt das neu gebaute Erlebnisbad und zwei Tennisplätze.