Pfarrkirche St. Nikolaus
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(nach Ernst Wackenroder)
Die Ursprünge der Kirchengründung liegen im dunkeln. Laut Ferdinand Pauly kann man jedoch von einer Gründung im 11. Jahrhundert ausgehen. Eine gesichterte Existenz der Kirche geht aus einer Urkunde des Jahres 1327, betreffend der Annahme eines Burgmannen durch Friedrich von Neuerburg, hervor. In einer Urkunde des Jahres 1341 wird von einer Synode berichtet, die in der Kirche stattfand. In einer weiteren Urkunde aus dem Jahr 1379 wird ein Rektor der Pfarrkirche genannt.
Pfarrkirche St. Nikolaus vor der Erweiterung 1913 - Autor des Fotos unbekannt
Pfarrkirche St. Nikolaus um 1900 - Autor des Fotos unbekannt
Nach einer Aufzeichnung von Dechant Zimmer ist auf dem Schlussstein des Chorgewölbes die Jahreszahl 1492 angezeigt, weshalb der Baubeginn der heutigen Kirche mit diesem Jahr angenommen wird. Möglicherweise handelt es sich dabei aber jedoch aufgrund der Fundstelle um das Jahr der Fertigstellung des Chorgewölbes, so dass der Baubeginn noch einige Jahre früher angenommen werden kann. Der Schlussstein trägt die Wappen des Grafen Dietrich IV von Manderscheid-Virneburg-Neuerburg.
Nach der Fertigstellung des Chores blieb der Bau jedoch offensichtlich liegen oder kam nur sehr schleppend voran, denn im Jahr 1558 machen die Kirchspielleute eine Eingabe um Gewährung einer Umlage zum Neubau. Da die Herrschafft zum Bau verpflichtet war, wurde die Kirche wohl unter Dietrich V, Graf zu Manderscheid-Virneburg-Neuerburg, dessen Wappen sich im Schlussstein bei der dem Chor zunächst stehenden Säule befindet, vollendet. Bei der Visitation des Jahres 1570 sind dann 7 Altäre vorhanden, und der im Jahre 1593 genannte Turm stand wie heute frei auf der Südseite des Chores und diente zugleich mit seiner Durchfahrt als Torturm zum ersten Burgbering. Im Jahre 1818 brannte er bei dem Stadtbrand mit ab, jedoch wurde der neue Turm 1829 an derselben Stelle ähnlich der alten Form mit Steinen aus der Burgruine wieder errichtet.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert erwies sich die Kirche für den wachsenden Ort als zu klein. 1913 wurde sie deshalb durch den Architekten Julius Wirtz nach Westen hin um ein Joch verlängert.
Vom ersten Bau aus der Zeit vor 1341 stammen vermutlich ein kleines Tympanon mit einer Kreuzigungsszene darin und ein kleines Bogenfeld mit einem Wappen, beide im Südportal der Kirche verwendet. Den Schrägbalken im Wappen führte Friedrich von Brandenburg, der (1302—1332) als Herr von der Neuerburg vorkommt, und von ihm ist wahrscheinlich der Schrägbalken über dem Schildchen im Schild in das Stadtwappen aufgenommen.
Bei der im späten 15. Jh. begonnenen Kirche handelt es sich um eine regelmäßige zweischiffige Hallenkirche im spätgotischen Stil mit freistehendem Turm neben dem Chor. Das Schiff hat eine Breite von 12,10 m und ist nach der Verlängerung 25,30 m lang, der Chor ist 7,75 m breit und 12,70 m tief. Der mittelalterliche Architekt hat der hohen und freien Lage Rechnung getragen und das Hausteinwerk des sonst in geputztem Bruchstein ausgeführten Baues in großem Maßstab gehalten. Der schlichte und einfache, für die Fernsicht berechnete Eindruck der Kirche ist durch die Verlängerung nach Westen um ein Joch wenig verändert. Die spitzbogigen, dreiteiligen Maßwerkfenster richten sich in ihrer Höhe nach dem Kaffgesims, das sich mit der Sohlbankschräge vereinigt und über die starken, hoch hinaufgezogenen Strebepfeiler in Haustein hinweggeht. Die Strebepfeiler sind zweimal getreppt auf hohem Sockel und mit Hausteinschräge abgedeckt. Das Dach des Schiffes trägt an der Übergangsstelle vom Chor zum Schiff einen Dachreiter.
Das geräumige Schiff zeigt ein reiches Sterngewölbe, das sich in gleicher Höhe über das Chorhaus fortsetzt, wo es fast horizontal liegt. Zu den Seiten setzt es sich auf 12 Wandsäulen, deren Konsolen von Figuren der Apostel getragen werden. Im Schiff senkt sich das Gewölbe in der Mitte über den drei (früher zwei) schlanken achteckigen Pfeilern trichterförmig mit seinen steilen Hohlkehlrippen. Die Gewölbe-Schlusssteine sind meist mit Wappen und zum Teil auch mit Figürlichen Reliefs verziert.
Der Baukörper ist außen wie innen einheitlich weiß getüncht, einzig die Fensterwände, Maßwerke, Gesimse, Gewölberippen und Pfeiler sind in gotisch rot gefasst und mit weißen Fugenstrichen versehen. Bei der letzten Restaurierung der Kirche (1976 -1984) wurden im Innenraum ursprüngliche Decken-Malereien in Form von Blumen- und Rankenmustern, wieder freigelgt und restauriert bzw. ergänzt.
Von der alten Ausstattung der Kirche sind nur wenige aber interessante Teile erhalten. Noch aus der Erbauungszeit der Kirche stammt der steinerne Wandtabernakel, auf der Nordseite des Chores in der Wand eingelassen. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt wohl auch der Taufstein. Aus der Zeit um 1500 stammt die spätgotische Holzfigur eines thronenden hl. Nikolaus, welche sich heute an der linken Ostwand des Schiffes über dem Taufstein befindet.
Von einem Seitenaltar des frühen 17. Jh. sind zwei mit Gemälden geschmückte Flügel erhalten, die heute mit vorhandenen Figuren zu einem neuen Flügelaltar zusammengefügt wurden. Im Mittelteil des neuen Schreines steht eine neugotische Mondsichel-Madonna, links stehen die Skulpturen der hll. Apollonia und Antonius von Padua, rechts die der hll. Donatus von Münstereifel (17. Jh.) und Agatha. Eine weitere Holzfigur des 17. Jahrhunderts finden wir im hl. Rochus, die sich zusammen mit Figuren des hl. Nikolaus und des hl. Bernhard über dem Nordportal befindet. Zu den wertvolleren Figuren des 18. Jahrhunderts zählt die eins hl. Josef mit Jesuskind und Lilie, die zusammen mit Skulpturen des hl. Quintinus und der hl. Katharina von Alexandrien über dem Südportal aufgestellt ist.
Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert sind noch die Kanzel, die nach Aussage aus der Jesuitenkirche in Luxemburg stammt und der Beichtstuhl. Ebenfalls noch zu erwähnen ist die holzgeschnitzte Figurengruppe der Heiligen Familie, Jesus, Maria und Joseph, die sich an der vordersten Säule befindet. Obwohl sie aus dem 19. Jahrhundert stammt, paßt sie stilistisch sehr gut zu der restlichen Ausstattung der Kirche.
Zu den Erneuerungen des 20. Jahrhunderts gehört der 1982 anläßlich der liturgischen Umgestaltung der Kirche errichtete Volksaltar. Im Zusammenhang mit der Restaurierung aus dieser Zeit mußte auch eine neue Verglasung der Fenster angeschafft werden. Außerdem wurde das Südportal mit einem Windfang versehen, in welchen, wie oben schon gesagt, das Tympanon aus der alten Kirche wieder einen sinnvollen Platz gefunden hat.
Bereits 1667 war in der Neuerburger Kirche eine Orgel installiert. Das Instrument wurde unter finanzieller Beteiligung der Rosenkranzbruderschaft angeschafft. Sie wurde jedoch schon 1784 durch eine neue Orgel ersetzt, und ein Jahr später bilden die Neuerburger Bruderschaften eine Zweckgemeinschaft, um einen Organisten zu unterhalten. Die Barockorgel ist leider verloren. Sie wurde 1923 durch ein neues Werk ersetzt, welches bis zur Renovierung der Kirche 1978 über dem nördlichen Portal auf einer eigenen Empore stand, also auf Holzstützen unmittelbar vor der eigentlichen Empore. 1980 wurde diese Orgel abgebrochen und durch eine neue ersetzt. Das Hauptwerk und Pedale stehen auf der Empore, während das Rückpositiv in der Mitte der Emporenbrüstung vor dem Mittelpfeiler hängt.
Glockenturm:
1610 war der Turm bauflällig; er mußte umgebaut werden. Kostenhöhe 556 Taler, 27 Stüber und drei Ort. Hierin sind auch die Kosten für die gleichzeitige Instandsetzung der Friedhofsmauer, direkt an der Pfarrkirche, einbezogen. 115 einheimische und 18 auswärtige Männer haben in 677 Arbeitstagen damals das Werk vollendet: die Kosten wurden auf die Pfarrangehörigen im Kirchspiel umgelegt. Damals war der Turm durch einen Bogen mit der Kirche verbunden.
1818 zerstörte ein schlimmer Brand Turm und Glocken. Für die Wiederaufbauarbeiten war ein Kostenanschlag, der mit 709 Talern abschloß, erstellt worden. Da man sich nicht einigte, wer die Baukosten aufbringen müsse, verfügte die Königliche Regierung gemäß Fabirkdekret, dass die Zivilgemeinde die Aufbaukosten zu tragen habe. Die Kirche gab der Stadt jedoch einen Zuschuß zum Baufonds. Jofef Bettingen aus Neuerburg hatte damals die Bauleitung. Die Jahreszahl 1829 mit den Initialien J. B. im Torbogen zeigt die Vollendung der Arbeiten an.
Die Glocken der Pfarrkirche St. Nikolaus:
Vor dem großen Stadtbrand 1818, bei dem auch der Glockenturm abbrannte, beherbergte dieser offensichtlich nur zwei Glocken, denn es heißt, dass aus dem Material der geschmolzenen und abgestürzten zwei Glocken wieder zwei neue Glocken gegossen wurden. Eine dieser Glocken wird wohl die noch vorhandene Christus-Glocke aus dem Jahr 1823 sein. Die zweite teilte wohl das Schicksal vieler Kirchenglocken, die im 2. Weltkrieg für die Produktion von Waffen eingezogen wurden. 1951 hat der Bochumer Glockenverein drei neue Stahlglocken geliefert: die Rochusglocke, die Nikolausglocke und die Marienglocke. Die Belastung durch die vier Glocken zeigten Anfang der 70er Jahre tiefe Risse im Mauerwerk des Turmes, weshalb die Marienglocke mit dem Gewicht von 1250 kg im Jahre 1977 ausgebaut und durch eine kleinere Bronzeglocke mit der gleichen Inschrift ersetzt wurde. Der Glockenturm der Pfarrkirche St. Nikolaus beherbergt heute also vier Glocken, die zusammen ein einmalig schönes Geläut bilden.
Es besteht in der Größe aufsteigend aus:
- Rochusglocke (B-Glocke) mit der Inschrift: "St. Roche intercede pro nobis" (Hl. Rochis, bitte für uns) aus dem Jahr 1951 mit einem Durchmesser von 670 mm und einem Gewicht von ca. 270 kg
- Christusglocke (G-Glocke) aus dem Jahr 1823 (Die Inschrift war für mich wegen der erschwerten Zugängikeit nicht lesbar, da die Glocke mit der Rochus-Glocke oben im Stuhl hängt) mit einem Durchmesser von 920 mm und einem Gewicht von ca. 670 kg
- Nikolausglocke (F-Glocke) mit der Inschrift: "St. Nicolae custode familiam tibi comissam" (Hl. Nikolaus, beware die dir anvertraute Pfarrfamilie) aus dem Jarh 1951 mit einem Durchmesser von 1260 mm und einem Gewicht von ca. 730 kg
- Marienglocke (D-Glocke) - auch "Totenglocke" genannt - mit der Inschrift: "Regina in coelum assumpta, ora pro nobis" (Königin in den Himmel aufgenommen, bitte für uns) aus dem Jahr 1977 mit einem Durchmesser von 1390 mm und einem Gewicht von ca. 1100 kg
Im Dachreiter der Kirche befindet sich das so genannte "Rosenkranz-Glöckchen" aus dem Jahr 1708 mit der Inschrift: "Heilige Maria bitte für uns".
Hörproben:
Glocke | Schlagwerk | Geläute |
Rochus | - | läuten |
Christus | schlagen | - |
Nikolaus | schlagen | - |
Maria | schlagen | läuten |
Christus, Nikolaus | - | läuten |
Rochus, Christus, Nikolaus, Maria | - | läuten |
12 Uhr | schlagen | - |
Läuteordnung:
Die Turmuhr ist mit einem Schlagwerk verbunden. Die Viertelstunden werden entsprechend mit 1 bis 4 Schlägen auf die Christusglocke geschlagen, während die Stundenschläge entsprechend der Stunde mit 1 bis 12 Schlägen auf die Marienglocke geschlagen werden. Das Schlagwerk ist zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr stummgeschaltet.
Rochus | Christus | Nikolaus |
Maria |
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Einleiten des Angelusläuten 3 Sequenzen á 3 Schläge um 7.30 Uhr, 12.00 Uhr, 20.00 Uhr |
x | |||
Angelusgeläut kurz nach dem Einleiten 3 Minuten |
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Tod eines Pfarreiangehörigen männlicher Verstorbener 3 Sequenzen á 10 Schläge weiblicher Verstorbener 2 Sequenzen á 10 Schläge anschießendes Totengeläut für 5 Minuten |
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Einläuten der Sonn- und Feiertage am Vortag 16.00 Uhr 5 Minuten |
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Jahreswechsel 24.00 Uhr 10 Minuten |
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Gottesdienste | ||||
Vorläuten 30 Minuten vor Beginn für 5 Minuten | x | |||
Hl. Messe Hauptläuten 15 Min. vor Beginn für 10 Minuten |
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Hochamt Hauptläuten 15 Min. vor Beginn für 10 Minuten |
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Andacht Hauptläuten 15 Min. vor Beginn für 5 Minuten |
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Wandlung 2 Sequenzen á 3 Schläge |
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Gedächtnisläuten nach dem Sterbeamt | x |
Bilder aus der Kirche und von den Glocken finden Sie hier.